Praxisanleitung: HWS-Immobilisationskragen vorbereiten und anlegen
HWS-Immobilisationskragen (Immobilisationsschiene, Halskrause, HWS-Fixiermanschette, Zervikalstütze) dienen zur Ruhigstellung der Halswirbelsäule und sind ein wichtiger Bestandteil der Ganzkörperimmobilisation.
Das routinemäßige Anlegen eines HWS-Immobilisationskragen (Zervikalstütze, Halskrause) durch Ersthelfer wird nicht empfohlen. [1]
Indikation
routinemäßig bei jedem Schädel-Hirn-Trauma (SHT)
bei allen Notfällen bei denen eine Beteiligung der Halswirbelsäule nicht ausgeschlossen werden kann:
PKW-Unfall: Schleudertrauma
Sturz aus größerer Höhe: Leitersturz, Fenstersturz, Bergnot, usw.
Sturz mit einem Fortbewegungsmittel: Skateboard, Fahrrad, Motorrad, usw.
Trauma mit entsprechendem Unfallmechanismus: Badeunfall, Treppensturz, usw.
Material
HWS-Fixiermanschette
Durchführung
Die folgenden Durchführungsvorschläge beschreiben die Technik mit unterschiedlichen Systemen:
Anmerkungen
Der HWS-Immobilisationskragen alleine ist - je nach Situation - keine vollkommen sichere Immobilisation. Gegebenenfalls muss trotz angelegter HWS-Immobilisierung der Kopf der betroffenen Person weiterhin manuell stabilisiert werden, bis mittels Vakuummatratze oder Spineboard mit Headblocks eine vollständige Immobilisierung erreicht wird. [2]
Durch einen korrekt angelegten HWS-Immobilisationskragen können auch bei unvermeidbarer Bewegung des Patienten (zum Beispiel bei technischer Rettung, Lagerung auf der Krankentrage, auf dem Transport oder beim Umlagern des Patienten) unerwünschte Zugkräfte auf die Halswirbelsäule vermieden werden. Dies hilft eine nachträgliche Schädigung des Rückenmarks zu verhindern oder bestehende Verletzungen nicht zu verschlimmern.
HWS-Immobilisationskragen sollten nur von Helfern angelegt werden, die sich über deren Gebrauch informiert haben und darin ausgebildet sind. Für das richtige Anlegen eines HWS-Immobilisationskragen sind zwei Helfer nötig.
Da eine Intubation bei richtig angelegtem HWS-Immobilisationskragen in der Regel nicht möglich ist, wird dieser auf Anforderung des Notarzt geöffnet (nicht entfernt) und nach erfolgreicher Intubation wieder fest geschlossen. Gegebenenfalls muss auch beim Einführen einer subglottischer Atemwegshilfe entsprechend vorgegangen werden.
Bei Kindern bis zum Alter von sechs Jahren gegebenenfalls mit einer zwei bis drei Zentimeter hohen Unterlage (zum Beispiel Wolldecke) Schulterpartie unterpolstern (Kopf ist in Relation zum Körper größer als bei Erwachsenen).
Stellen Sie vor der Verwendung sicher, dass der HWS-Immobilisationskragen in Ordnung und voll funktionsfähig ist. Defekte Manschetten müssen sicher entsorgt werden.
Bei entsprechendem Meldebild (Unfällen) und längerem Weg vom Rettungsmittel zum Einsatzort vorausschauend HWS-Fixiermanschette mitnehmen.
Aus hygienischen Gründen und zum Schutz der Helfer und des Patienten wird empfohlen die HWS-Immobilisationskragen nach einmaligem Gebrauch zu entsorgen. Bei mehrmaliger Anwendung (zum Beispiel zu Übungszwecken) ist sicherzustellen, das nur voll funktionsfähige System zum Einsatz kommen und dass alle relevanten Reinigungs- und Desinfektionsvorschriften eingehalten werden.
HWS-Immobilisationskragen nicht in gefalteter, sondern in flacher Form aufbewahren.
Abbildung: Lagerung HWS-Immobilisationskragen
Anwendungsanzeige
Mit der Canadian C-Spine Rule Studie und der NEXUS-Studie wurden in den letzten Jahren klinische Kriterien festgelegt wann eine Diagnostik einer Halswirbelsäulenverletzung mittels bildgebender Verfahren indiziert ist.
Die dort definierten Regeln können im Sanitäts- und Rettungsdienst als Entscheidungshilfen verwendet werden ob die Anlage eines HWS-Immobilisationskragen nötig ist.
Die folgenden Durchführungsvorschläge beschreiben unterschiedliche Entscheidungsdiagramme:
NEXUS C-Spine Rule
Kontraindikationen [3]
Bewusstloser Patient in stabiler Seitenlage
Patient toleriert den HWS-Immobilisationskragen auch nach gutem Zureden nicht
Verdacht einer Fraktur der Auflagefläche des HWS-Immobilisationskragens (Unterkiefer, Brustbein, Schlüsselbein)
Nachteile
erschwertes Atemwegsmanagement
erhöhte Aspirationsgefahr
verminderte Einsicht in die Halsregion
erschwerte Versorgung von Wunden und Blutungen im Halsbereich
Patient empfindet starre Schiene als störend und unbequem
Gefahr von Druckgeschwüren bei langen Liegezeiten älterer Patienten
HWS-Immobilisationskragen versus Seitenlage
Beim primär bewusstlosen Patienten werden vom Sanitätshelfer keine HWS-Immobilisationskragen angelegt, vielmehr ist beim Verbringen in die Seitenlage darauf zu achten, dass der Kopf immer in Neutralposition verbleibt. Dies kann am Besten durch einen zweiten Helfer sichergestellt werden, der mit zwei Händen den Kopf-Nackenbereich in Längsachse stützt. Bei später einsetzender Bewusstlosigkeit wird eine bereits angelegte Halskrause zur Herstellung der Seitenlage grundsätzlich nicht entfernt aber bei Behinderung der Atmung in der stabilen Seitenlage geöffnet, um eine bestmögliche Kopfposition herstellen zu können.
Siehe auch Chefarztdirektive Seitenlage / Immobilisationskragen.
Literatur
[1] | German Resuscitation Council e.V. (GRC): Bewegungseinschränkung und -stabilisierung der Halswirbelsäule(abgerufen 2024-12-27), Seite 128. |
[2] | Deutsches Rotes Kreuz (Hg.): DRK Leitfaden Sanitätsdienstausbildung (2023): Berlin: 2023, Praxisanleitungen 'P A-2: HWS-Stützkragen - Hinweise'. |
[3] | Deutsches Rotes Kreuz (Hg.): DRK Leitfaden Sanitätsdienstausbildung (2009): 5. Aufl.Berlin: 2018, Praxisanleitungen 'P14: HWS-Immobilisation - Kontraindikationen', Seite 1. |