Praxisanleitung: Becken ruhigstellen
Beckenverletzungen sind meist die Folge einer heftigen direkten Gewalteinwirkung auf den Beckenring zum Beispiel Überrolltrauma, Aufprall, Sturz aus großer Höhe oder Verschüttung.
Bei Frakturen des knöchernen Beckens besteht ein hohes Risiko von Verletzungen der in ihm liegenden Organe mit der Gefahr von hohem Blutverlust.
Indikation
Verdacht oder Zeichen einer knöchernen Verletzung des Beckens (Beckenfraktur)
Material
Einmalschutzhandschuhe
Beckenschlinge 'SAM Pelvic Sling'
Beckenschlinge 'Trauma Pelvic Orthotic Device (T-POD)'
Dreiecktücher
Heftpflaster / Staubinde
Koppel
Rettungsdecke
Tragenlaken
Zubehör Vakuummatratze
Durchführung
Die folgenden Durchführungsvorschläge beschreiben die Technik mit unterschiedlichem Material:
Vakuummatratze
Anmerkungen
Becken (Pelvis)
Abbildung: Becken |
| Das Becken ist die Verbindung zwischen Wirbelsäule und den unteren Extremitäten. Es ist ringförmig und wird aus dem Kreuzbein und den beiden Hüftbeinen gebildet, die sich wiederum jeweils aus drei platten, miteinander verwachsenen Knochen (Schambein, Darmbein und Sitzbein) zusammensetzen. Die Schambeine sind vorne über eine Knorpelhaft, die Schambeinfuge (Symphyse), miteinander verbunden. Als Verbindung zwischen und Beckenschaufeln dient eine Knochenhaft, die hohe Stabilität und Schutz der im Becken liegenden Organe bietet. Den unteren Abschluss des Beckens bildet der Beckenboden, eine Platte aus Muskeln und Sehnen, die geschlechtsspezifische Unterschiede aufweist. |
Kennzeichen des Beckenbruches
Schmerzen an der Bruchstelle, der sich bei Druck von beiden Seiten oder von vorn nach hinten verstärkt.
Schmerzen bei Bewegung der unteren Extremitäten (in der Regel Gehunfähigkeit)
Bei schweren Frakturen Formveränderung und Beweglichkeit der Beckenschaufeln.
Bei gleichzeitiger Verletzung von Blase oder Harnleiter leichte Blutungen aus Harnröhre, Unfähigkeit Wasser zu lassen oder blutiger Urin.
Zur schnellen Abschätzung des Risikos einer Verletzung des Beckens kann das KISS-Schema verwendet werden.
Bei Kindern und älteren Patienten kann ein auf das Knie begrenzter Schmerz ein Zeichen für eine Hüftverletzung sein.
Eine Beckenschlinge darf bei bewusstlosen Patienten erst nach ausreichender Sicherung der Atemwege angewendet werden.
Wirkungsweise Beckenschlinge
Die blutstillende Wirkung einer Beckenschlinge beruht hauptsächlich auf folgenden Punkten: [1]
Verkleinerung des potenziellen Blutungsraum im Becken
Vermeidung Abreisen bereits gedehnter Gefäße im Becken
Verringerung Blutung aus Beckenbrüchen durch Zusammenfügen der Bruchenden
Durch die Stabilisierung des Beckens wird das Ablaufen der Gerinnungskaskade an den verletzten Gefäßen möglich. Zudem werden bereits gestillte Blutungen nicht erneut aufgerissen. [2]
Bei korrekter Anlage der Beckenschlinge wird ein offener Beckenring stabilisiert und das Volumen des kleinen Beckens verkleinert.
Abbildung: Beckenschlinge - korrekte Lage
Abbildung: Becken ruhigstellen mit SAM Pelvic Sling - richtig |
| Abbildung: Becken ruhigstellen mit SAM Pelvic Sling - falsch |
Eine innere Blutung, die durch ein instabiles Becken verursacht wird, kann durch eine richtig angelegte Beckenschlinge vermindert werden. |
| Eine falsch angelegte Beckenschlinge kann insbesondere eine 'open-book' Fraktur weiter destabilisieren und den potenziellen Blutungsraum vergrößern. |
Fehlerquellen
Mittellinie der Beckenschlinge liegt nicht auf Höhe des großen Rollbügels
Beine übereinanderlegen
Kontraindikationen
Hüftluxation
Oberschenkelhalsfraktur
größere Wunden oder Verbrennungen im Bereich des Beckens
fortgeschrittene Schwangerschaft
Mehr Informationen zur Ruhigstellung finden sie in der Praxisanleitung Ruhigstellung durchführen.
Literatur
[1] | Fetscher, Karin: Beckenschlinge - Übersicht Sanitäts- und Rettungsdienst: Treffen Instruktoren Ober- und Mittelfranken 2019 am 2019-11-30. |
[2] | Wincheringer, Dennis / Schweigkofler, Uwe: Beckentrauma: in retten April 2019, Seite 134. |