Sanitätsausbildungen: Psychische Belastungssituationen von Betroffenen (PSNV-B)
PSNV-B
Psychosoziale Notfallversorgung - Betroffene
Ängste
Angst um den Erhalt des Lebens oder der Gesundheit.
Angst vor Schmerzen.
Angst vor körperlicher Einschränkung oder Behinderung.
Angst vor falscher oder unzureichender Versorgung.
Angst vor der Zukunft und Unbekanntem.
Die Ängste können auf die Betroffenen selbst bezogen sein oder auf ihnen nahestehende Menschen.
Herausforderungen in der Betreuung
Fragen nach Fakten können von den Helfern nicht immer beantwortet werden und verunsichern den Betroffenen.
Kontakte sind eher nur kurzzeitig.
Die Reaktionen der Betroffenen können nur schwer eingeschätzt werden.
Es bestehen Schamgefühle bei den Betroffenen.
Es werden Schuldige gesucht bzw. Schuldzuweisungen gemacht.
Es gibt den Wunsch nach einer Prognose durch die Helfer, die sie nicht geben können (und sollten).
4-S-Regeln
Sage, dass Du da bist und dass etwas geschieht
Schirme das Unfallopfer von Zuschauern ab
Suche vorsichtig Körperkontakt
Sprich und hör zu
Basisregeln [1]
Wir schaffen Vertrauen und strahlen auch in aufregenden Situationen maximale Ruhe aus (Hektik vermeiden).
Unser fachlich kompetentes Auftreten wirkt beruhigend.
Es geht uns darum, Sicherheit zu vermitteln.
Wir versuchen soweit möglich Ängste zu nehmen / auszuräumen.
Die Äußerungen und Ängste der Betroffenen nehmen wir ernst und spielen sie nicht herunter.
Wir bleiben ehrlich.
Geäußerte Emotionen müssen wir als Helfende für wahr und echt halten, auch wenn wir diese nicht nachvollziehen können.
Wir sorgen für konstante Betreuung.
Wir versuchen, ein Gespräch zu führen und dabei aktiv zuzuhören.
Wir achten auf scheinbar Unwichtiges, das für Betroffene wichtig ist, und gehen darauf ein.
Wünsche sollten, wenn möglich, erfüllt werden.
Betroffene sollten möglichst viel selbst entscheiden und machen. Wir unterstützen sie nur, wenn unbedingt nötig. Die Betroffenen sollen selbst handeln und auch die Fähigkeit zum Handeln nicht verlieren (Selbstwirksamkeit).
Fallbeispiel
Ihr macht Sanitätsdienst in einer Sanitätsstelle auf einem lokalen Volksfest. Es ist zu einem Unfall in einem größeren Fahrgeschäft gekommen. Dabei gab es mehrere Verletzte. Diese sind bereits versorgt und mit dem Rettungsdienst sowie notärztlicher Unterstützung in umliegende Krankenhäuser gebracht worden.
Ihr seid dabei, das eigene Sanitätsmaterial wieder einsatzbereit zu machen.
In die Sanitätsstelle kommt eine völlig 'aufgelöste', niedergeschlagen und verzweifelt wirkende Person und gibt an, jemanden zu suchen, der möglicherweise zum Unfallzeitpunkt im Fahrgeschäft saß. Bisher konnte oder wollte ihr niemand eine Auskunft erteilen. Die Sanitätskräfte sind die einzige Hoffnung auf Informationen.
Literatur
[1] | Deutsches Rotes Kreuz (Hg.): DRK Handbuch Sanitätsdienstausbildung (2023): 1. Aufl.Berlin: 2024, M.5.1 Psychische Belastungssituationen von Betroffenen (PSNV-B) - Basisregeln, Seite 312 und 313. |