Praxisanleitung: Strukturierte Patientenübergabe durchführen - Kommunikationsmodell SINNHAFT anwenden
Das Kommunikationsmodell SINNHAFT ist ein Akronym für eine strukturierte Vorgehensweise bei der Übergabe von Patienten.
Es wird vorwiegend an der Schnittstelle zwischen Rettungsdienst und Notaufnahme eingesetzt.
Abbildung: Piktogramm Kommunikationsmodell SINNHAFT anwenden
Indikation
Weitergabe relevanter Einsatz- und Patienteninformationen
Material
-
Durchführung
Start
Beginn der Übergabe durch übergebende Person
klares Signal für Beginn der Übergabe setzen
möglichst Ruhe einhalten
alle Manipulationen / Tätigkeiten am Patienten vermeiden
Face-to-Face-Kommunikation
Identifikation
Nennung der Patientendaten
Geschlecht
Nachname
Alter (nicht Geburtsdatum)
bei Kindern: Gewichtsangabe
Notfallereignis
Beschreibung des Notfallereignisses anhand der Kernfragen
was? - Leitsymptom / Verdachtsdiagnose
wie? - Ursache
wann? - Zeitpunkt des Ereignisses
wo/woher? - Ort, Auffindesituation (optional)
Notfallpriorität
Behandlungspriorität anhand des ABCDE-Schemas mit dazugehörigen pathologischen Untersuchungsbefunden und Vitalparametern (direkte Verknüpfung mit dem Punkt 'Handlungen')
Airway
Breathing
Circulation
Disability
Exposure / Environment
Handlungen
Erwähnung der (prä-)klinisch durchgeführten Maßnahmen (direkte Verknüpfung mit dem Punkt 'Notfallpriorität')
Erfolgte Therapie / Intervention (zum Beispiel Intubation, Ruhigstellung von Frakturen, Versorgung bedrohlicher Blutungen)
Medikamentengabe: Dosis, Umfang, Zeitpunkt, Wirkung
gegebenenfalls bewusst unterlassene Maßnahmen
Anamnese
Anamnesebestandteile, die für die weitere Behandlung relevant sind (Beispiele)
Vorerkrankungen
Infektionen
Allergien
Medikation
Soziale Aspekte (zum Beispiel Patientenverfügung, häusliche Gewalt)
weitere Besonderheiten
Fazit
zusammenfassende Wiederholung durch das aufnehmende Personal
Identifikation
Notfallereignis
Notfallpriorität (ohne Vitalparameter) gekoppelt an Handlung
Teamfragen
Möglichkeit für zusätzliche wesentliche Fragen aus dem aufnehmenden Team
Anmerkungen
Das SINNHAFT-Schema wurde 2023 von einem Team um Notfallmediziner Prof. Ingo GRÄFF an der Universitätsklinik Bonn entwickelt und wird in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Interdisziplinäre Notfall- und Akutmedizin e.V. (DGINA) zur Verfügung gestellt und vom Aktionsbündnis Patientensicherheit unterstützt. [1]
Rettungsdienst Bayern [2]
Derzeit ist der strukturierte Übergabeprozess noch nicht überall etabliert. Zudem gibt es verschiedene Übergabeschemata.
Patienten sollen im Rettungsdienst Bayern landesweit grundsätzlich nach einem strukturierten Vorgehen übergeben werden, deshalb hat der Rettungsdienstausschuss Bayern die AG4 beauftragt, ein landesweit einheitliches Übergabeschema zu empfehlen.
Als landeseinheitliches Übergabeschema des bayerischen Rettungsdienstes zur Übergabe von (Notfall-) Patienten wird die Schulung und Etablierung der Merkhilfe 'SINNHAFT' empfohlen.
Alle Übergaben von Notfallpatienten an der Nahtstelle zur Klinik (insbesondere im Schockraum, ZNA, Herzkatheterlabor, Übergabepunkte für Stroke-Patienten, etc.) sollen grundsätzlich künftig nach 'SINNHAFT' erfolgen.
In Regionen, in denen bereits eine strukturierte Patientenübergabe nach einem anderen Übergabeschema eingeführt ist, sollte in Abstimmung mit allen Beteiligten sukzessive auf die Merkhilfe 'SINNHAFT' übergegangen werden.
Mehr Informationen zur Vorstellung des Patienten in der Notaufnahme finden sie in der Praxisanleitung Vorstellung in Notaufnahme durchführen.
Literatur
[1] | Aktionsbündnis Patientensicherheit e.V.: Effektive Übergaben in der Notaufnahme mit 'SINNHAFT' zur Erhöhung der Patientensicherheit |
[2] | Rettungsausschuss Bayern: Strukturierte Patientenübergabe |
Aa | DocCheck Community GmbH: SINNHAFT-Schema |
Aa | Schiller, Jonathan: Notaufnahme - Übergabe: Dienstabend BRK Bereitschaft Erlangen 1 am 2025-02-12. |